Google kauft Nest: noch mehr Daten von noch mehr Menschen
Der Kauf von Nest durch Google hat allgemein große Überraschung ausgelöst. Ein Hersteller von elektronischen Livestyle-Produkten aber mit nicht mehr als einem wirtschaftlichen Achtungserfolg. Einige zehntausend Thermostate werden wohl monatlich verkauft. Derzeit werden die Käufer wohl hauptsächlich Apple-Kunden sein, da bisher noch keine Androidversion der App existiert. Und momentan gibt es Nest nur in den Staaten. Hauptgrund dafür dürften die komplizierten Zertifizierungsprozesse weltweit sein.
Vor einem Jahr hatte die Google-Tochter Motorola die Settop-Abteilung abgestoßen. (Übrigens für fast den gleichen Preis, den Google jetzt für Nest bietet.) Motorolas “Home Automation Group” hatte bisher ausser Kabelboxen wenig zu bieten, das sich wirklich als Hub im Zuhause der Zukunft anbietet. Deutlich wird dies, wenn man bedenkt, dass in den USA die letzte Meile hauptsächlich von verschiedensten Kabelbetreibern kontrolliert wird. Daher sind die Boxen immer an Verträge gekoppelt und ein Boxen-Standard lässt sich nicht durchsetzen. Aus Google-Sicht eine extrem unbefriedigende Situation.
Der Preis von über 3Mrd Dollar für Nest dürfte daher ein Zeichen an die Google-Aktionäre sein. Kurz vor der CES mit dem Hauptthema Internet der Dinge (IoT: Internet of Things) hatte die Marktforschungsfirma Gartner für dieses Segment ein Marktvolumen von 300 Milliarden Dollar für das Jahr 2020 vorhergesagt. Dann sollen 26 Milliarden Geräte weltweit installiert sein. (Ein großer Teil davon dürfte dann allerdings schon outdatet und angreifbar sein.)
Für einen Investor sind solche Zahlen wesentlich besser zu begreifen als Googles eigentliche Goldader. Und die Homeautomation ist tatsächlich für den größten Werbevermittler der Welt eine neue und unerschöpfliche Quelle des Wohlstands. Je besser die Daten, desto besser die Klickraten und die Conversion und somit auch die Umsätze für Google aus der Werbung. Dabei Muss Google seinen Konkurrenten jedoch immer einen Schritt voraus sein.
Seit Kurzem arbeitet Ray Kurzweil und die Galionsfigur der Goldene-Zukunft-durch-Technik-Apologeten für Google. Er arbeitet (unter anderem) zusammen mit KI-Forschern an dem Projekt “Google Brain”. Kurzweil ist sich sicher, dass das Projekt bis 2029 ein System gebaut hat, das natürliche Sprache und menschliche Emotionen “versteht”. Für ein solches Verständnis ist tatsächlich ein Rundumblick auf das Verhalten von Menschen notwendig. Nur so kann man widersprüchliches Benehmen (etwa auf der Arbeit und Zu Hause) korrekt interpretieren.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Google erster zaghafter Versuche in Richtung Smartmeter bei Nest neu aufgelegt. Diesmal mit etwas mehr Sex als bei dem früheren Projekt Google PowerMeter. Dieses wurde wegen zu geringer Resonanz bereits nach kurzer Zeit im Jahr 2011 eingestellt. Ein Smartmeter kommt dann nicht von dem Stromanbieter sondern von Nest und wird vom Kunden selbst installiert. Weil er cool aussieht und es Fun ist.
Mit jedem zusätzlichen Datum in einem 360°-Umfeld einer Person erhöht sich aber nicht nur die Qualität der Vorhersagen über diese Person. Inzwischen gibt es Forschungsansätze, wie man aus bekannten Daten über Netzwerke auch auf Elemente in diesem Netz schliessen kann, über die man keine Daten hat (arXiv/pdf).