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Android wird von WebAnalytics-Tools nicht korrekt gezählt

4 Kommentare

WebAnalytics-Tools wie Google Analytics, Yahoo! Web Analytics oder Sitestat können in vielen Fällen Android-Geräte nicht als solche erkennen, sondern betrachten sie als Safari unter MacOSX.

Bei der Nutzungsanalyse einer großen Site eines Kunden wunderte ich mich diese Woche mal wieder über die verhältnismäßig wenigen Zugriffen von Android-Geräten. Google Analytics weist für den September 2011 etwas über 15000 Visits aus. Im Februar 2012 sind es knapp doppelt so viele. Eine veritable Steigerung von 100% in fünf Monaten.

Wie komme ich also zu der Einschätzung, dass es verhältnismäßig wenige Android-Zugriffen seien?

Die Zuwächse bei den Android-Geräten fallen überraschend moderat aus. Eigentlich müsste man mit einem Wachstum über dem Marktdurchschnitt rechnen.

In diesen fünf Monaten haben Android-Geräte laut aller Marktanalysen die Führung übernommen. Von einem weltweiten Marktanteil von 8,7% im Q4 2009 ist der Android-Anteil auf 32,9% im Q4 2010 gewachsen. Innerhalb eines Jahres wurde der Anteil also fast vervierfacht und inzwischen ist jedes dritte Smartphone ein Android-Gerät. Hinzu kommt der Wachstum des Marktes selbst, der sich in dieser Zeit knapp verdoppelte.

Unter der Annahme, dass die untersuchte Site mit mehreren millionen Usern im Monat für Android-User genauso interessant ist, wie für jeden Anderen, hätte der Anteil der Android-Geräte in dem Beobachtungszeitraum erheblich stärker steigen müssen als dargestellt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Anteil der Mobil-Nutzer insgesamt auf der Site von Q4/2009 auf Q4/2010 fast verzehnfacht hat.

Stutzig wurde ich in einem Gespräch mit meinem Kollegen Ramon, der mir berichtete, dass der Standard-Browser seines HTC-Desire über eine Einstellung verfügt, die die Seiten in der klassischen (Desktop-)Variante darzustellen. Viele Web-Sites liefern für Handys angepasste Darstellungen. Deutlich zu sehen bei Wikipedia oder bei WordPress-Blogs. Und viele Android-Nutzer (und auch iOS-User wie mich) nervt diese Darstellung. Denn sie bedeutet, dass man sich mit einer anderen (häufig reduzierten) Funktionsweise beschäftigen muss.

Nicht jedermanns Sache: mobiles Interface für Wikipedia

 

Ein Test ergab, dass bei Änderung dieser Einstellung der User-Agent-String des Browsers geändert wird. Statt:

Mozilla/5.0 (Linux; U; Android 2.2.1; de-de; HTC_DesireZ_A7272 Build/FRG83D) AppleWebKit/533.1 (KHTML, like Gecko) Version/4.0 Mobile Safari/533.1

wird bei Aktivierung der Einstellung:

Mozilla/5.0 (Macintosh; Intel Mac OS X 10_6_6) AppleWebKit/534.22+ (KHTML, like Gecko) Version/5.0.3 Safari/533.19.4

im Header des Requests an den Server gesendet. Für den Server sieht es damit so aus, als ob ein ganz normaler Mac die Seite aufruft. Ebenfalls geändert werden die Properties im navigator-Objekt des Browsers unter JavaScript. Dem Server wird ein komplett anderer Browser vorgegaukelt damit die Seite möglichst so aussieht, wie der Nutzer es auf einem Notebook erwarten würde.

Da es sich bei dem Standard-Browser (und den meisten Alternativen auch) unter Android um einen WebKit-Browser handelt ist die Verwendung der Safari-Kennung naheliegend. Eventuelle Anpassungen dürften sich weitgehend gleich verhalten.

Nur eine Umfrage könnte tatsächlich ermitteln wie viele Android-User diese Einstellung vornehmen. Häufige Fragen in Nutzerforen, wie die mobile Darstellung abgeschaltet werden kann deutet allerdings darauf hin, dass dies nicht so selten geschieht.

Interessant am Rande ist darüber hinaus, dass selbst Google Analytics (wie alle anderen WebAnalytics-Anbieter auch) nach wie vor keine vernünftige Lösung für Ermittlung des Browsers bieten. Der normale User-Agent-String des genannten HTCs wird nicht – wie es korrekt wäre – als WebKit ausgezeichnet, sondern taucht als “HTC_DesireZ_A7272″. Bei Samsung und LG verhält es sich ähnlich.

Als Gegencheck habe ich mir die Entwicklung der Nutzungszahlen von Safari unter MacOSX angesehen. Vom September bis einschliesslich Februar wuchs die Zahl der Nutzer überdurchschnittlich um fast 40% von 250.000 Besuchen auf 350.000. Hochgerechnet auf ein Jahr ergäbe sich eine Verdopplung. Zwar wachsen die Verkaufszahlen laut Marktforschern aber sie verdoppeln sich nicht. Ausserdem verwendet ein wachsender Teil der User auch auf dem Mac einen anderen Browser als Safari (z.B. Firefox oder Chrome).

Ein weiteres Indiz für die fehlerhafte Erkennung der Android-Geräte ist die merkwürdige Häufung ungewöhnlicher Bildschirmgrößen bei den Safari-Nutzern unter Mac OSX. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass gerade die Apple-Rechner mit wenigen bekannten Auflösungen – 1280 x 800 beim MacBook Pro 13″ oder 1366 x 768 beim MacBook Air 11″ – daher kommen müssten. Es sind stattdessen jedoch signifikant viele Geräte mit “unrunden” Auflösungen zu verzeichnen.

Diese Tatsache ist damit zu erklären, dass bei Android ebenso wie bei iOS die Größe des Bildschirms nicht festgelegt ist, da der Browser die Seiten skaliert. Die tatsächliche Größe steht erst fest, wenn der Browser die Elemente tatsächlich kennt und darstellen kann. Wenn die Seite meint, dass sie nur 600 Pixel breit ist, wird in den meisten Fällen der Browser auch behaupten, dass der Screen 600 Pixel breit ist.

Nach diesen Betrachtungen ergibt sich, dass ein signifikanter Teil der Android-User in den Tracking-Tools schlicht als Mac-User gezählt werden. Fussend auf den Auffälligkeiten bei den Zahlen zur Safari-Nutzung schätze ich, dass mindestens ein Drittel aller Android-Geräte falsch gemessen werden.

Ein ähnliches Problem ergab sich übrigens schon vor 15 Jahren für den legendären Browser Omniweb unter NeXTSTEP. Auch dieser verfügte über einen Mimikry-Modus damit der User nicht immer nur die Seiten mit dem Hinweis auf den Netscape Navigator sahen (mein Artikel dazu bei Heise, leider kostenpflichtig …).

 

 

 


Written by qrios

March 5th, 2011 at 3:57 pm

Posted in analytics,gadgets,web

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4 Responses to 'Android wird von WebAnalytics-Tools nicht korrekt gezählt'

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  1. Sehr interessant!

    Allerdings habe ich bei mir gestern mal einen Test ebenfalls mit einem HTC Desire gemacht. Wenn ich die mobile Darstellung verwende erkennt Analytics tatsächlich Android. Allerdings meint er Safari als Browser zu erkennen und nicht HTC_Desire. Oder habe ich Dich da falsch verstanden?

    Und letztlich beantwortest Du ja die Frage die sich daraus ergibt nicht: Wie sollte man das System denn erkennen, wenn es sich ‘falsch’ meldet?

    ff

    6 Mar 11 at 12:03 pm

  2. @ff: Das mit der Safari-Kennung ist seltsam. Aber ich vermute ja sowieso, dass die Muster oder regexe zur Erkennung in einer handgepflegten Liste in Excel verwaltet werden. Und ich prangere an, dass diese Liste nicht public ist.

    Man sollte auf jeden Fall erstmal nicht so tun als ob man darüber irgendwelche Daten hätte. Oder wenigstens Groß, rot und blinkend hinschreiben, dass die Daten nicht die Information enthalten, die sie vermitteln.

    qrios

    6 Mar 11 at 2:45 pm

  3. Eine versteckte Einstellung auf einem Drittel aller Android Geräte sollte für eine so massive Verschiebung verantwortlich sein?

    Für mich klingt das ganze höchstens so mittel plausibel.
    Wie lange gibt es diese Einstellung den schon? Wieso sollte sie sich erst jetzt auswirken und nicht schon zu Beginn deiner Messung?

    Wäre schön, wenn du die merkwürdige Häufung von von unrunden Auflösungen in Safari noch ein wenig mit Zahlen unterfüttern könntest.

    Meine Theorie: Smartphone User der “ersten Stunde” nutzen ihr Gerät wesentlich intensiver als Kunden, die sich erst jetzt ihr erstes Smartphone kaufen. Neue Smartphonenutzer surfen also auch deutlich weniger. Diese Entwicklung trifft sicher alle Plattformen, allerdings ist Android davon besonders hart getroffen:
    1.) weil Android Geräte sehr billig geworden sind. Die Versuchung, sich ein Smartphone zu holen, obwohl man eigentlich nicht vor hat dessen Fähigkeiten zu nutzen. Viele Android Nutzer wissen vermutlich nicht mal, dass sie ein Smartphone besitzen: es war einfach das billige Telefon, dass bei ihrem Vertrag dabei war. Oder eben das tolle Telefon, mit dem man alles machen kann, was ihnen der Verkäufer aufgeschwatzt hat, weil die Provision höher ist.
    2.) weil die Geräte so billig sind werden sie tendenziell auch mit billigen Verträgen ohne oder mit sehr geringem Datenvolumen verkauft, so dass diese Kunden gar nicht im Netz surfen können, selbst wenn sie wollten.

    Max Winde

    3 Nov 11 at 11:46 am

  4. @343max: Ich werde das Thema demnächst nochmal genauer analysieren. Ich geb dann ein Update.

    qrios

    3 Nov 11 at 5:28 pm

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