Verhandelt Deutschland überhaupt über #TTIP?
Obwohl die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA im stillen Kämmerlein stattfinden gelangt manchmal das eine oder andere Dokument an das Licht der Öffentlichkeit. So geschehen mit einem Dokument vom 26.5.2014 in dem es im wesentlichen um die Frage geht, welche Verhandlungsmandate die EU-Kommision in den Verhandlungen hat. Es beschreibt ausführlich, welche Arten von Dienstleistungen von der EU behandelt werden dürfen und welche durch Ländergesetze geregelt sind.
Bei einem ersten Blick auf das gescannte und damit nicht automatisch verarbeitbare PDF fällt auf, dass manche Länder häufig mit Ausnahmen genannt werden und manche selten. Für Länder, die intensiv an internationaler Schifffahrt teilnehmen ist zum Beispiel klar, dass es spezifische Bedingungen gibt, die diese gerne separat besprochen haben wollen.
Nun gilt ja Deutschland nicht als ein Land mit einer “geringen Vorschriftendichte”. In Bezug auf Dienstleistungen fällt sofort Meisterzwang, Handelskammern und duales System ein. Wer schon mal einen Bootsschein gemacht hat, kennt das weite Meer der Verordnungen die den Verkehr auf dem Wasser regeln. Und auch Bibliotheken, Schulen, Krankenhäuser u.s.w. gehören zum Dienstleistungssektor. Man müsste also annehmen, dass Deutschland bei den TTIP-Verhandlungen permanent bedächtig mit dem Kopf schüttelt und auf Ausnahmeregelungen besteht.
Und dann macht man sich die Mühe und überträgt die Daten in eine Tabelle und stellt fest, dass Bulgarien mehr als vier mal so viele Ausnahmen in die Verhandlungen einbringt als Deutschland. Mit 8 Erwähnungen hat Deutschland sich nicht mal halb so viele Ausnahmen in die Vorlage geschrieben, wie der Durchschnitt aller Länder. Im Gegenzug dazu darf die EU in 30 Punkten nicht für Malta verhandeln.
Überhaupt hält sich das “alte Europa” sehr zurück. Der Durchschnitt wird von den Schuldnerstaaten ebenso gedrückt, wie von den EU-Vätern. Einzige Ausnahme stellt in der Gruppe der ausnahmefreudigen Ländern noch Österreich dar. Dort schützt man explizit die Ausbildung von Ski-Lehrern und Bergführern.
Nach Meinung der deutschen Verhandlungsführer bedarf zum Beispiel der Bildungssektor (10. Education services) keine gesonderte Behandlung bei der Verhandlung. Wer, wie, welche Schulen betreiben darf soll dann wohl der Markt regeln statt der Kultusminister. Ebenso offen geht Deutschland bei den Themen Umwelt, Kommunikation und Bau in die Verhandlungen.
Sollte TTIP tatsächlich irgendwann unterschrieben werden, könnte das ein schwarzer Tag für viele Berufszweige werden, die derzeit noch davon träumen, dass sich die deutsche Regierung für sie einsetzt. Während beispielsweise der deutsche TÜV inzwischen ein weltweiter Exportschlager ist, könnte die Welt nach TTIP ganz anders aussehen. Ausnahmen gelten bezüglich “technical testing and analysis services” dann nur in Ländern wie Italien, Zypern und Polen. Für einen Berliner vielleicht ganz praktisch und kostengünstig.
Und dasselbe noch mal als interaktive Karte:
(Karte: Simplae Map D3)