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Nokia “here” angetestet

2 Kommentare

Nokia hat damit begonnen, alle Map-spezifischen Dienste unter einem Dach namens here zu bündeln. Darunter fallen die Web-Site für Desktops, wie für die mobile Nutzung. Später sollen noch iOS-App und ein Framework für Android hinzukommen. Die App für Windows Phone 8 gibt es ja bereits und ist wg. eines Features sehr interessant: der Nutzer kann Bereiche für die Offline-Nutzung festlegen. Falls man sich dann in der Pampa jenseits von (bezahlbaren) Onlineverbindungen befindet, stehen dann wenigstens die Karten und Sat-Ansicht zu Verfügung (kein Routing und keine POIs). Diese Funktion allein ist noch nicht einzigartig. Besonders daran ist die Tatsache, dass alle Programme, die die Map verwenden, diese Offline-Daten nutzen können.

Aktuell steht für die nicht WP8-Nutzer damit also nur die Web-View zur Verfügung. Diese muss sich mit dem Platzhirsch Google Maps vergleichen lassen. Und das Ergebnis des Vergleichs ist nach einigen Stunden auf verschiedenen Geräten: Wow! Das hätte man nach so vielen gescheiterten Versuchen von Nokia nicht erwartet.

Das Interface

Ein klares, simples Interface bietet die erwartbaren Funktionen sowohl in der Browser- als auch in der Mobilversion. Die Orientierungsfunktionen sind im Gegensatz zu Google Maps unten platziert. Die Layeroptionen sind wie dort rechts  oben angebracht. Links unten gibt es noch eine weitere Option, die man bisher bei Google Maps schmerzlich vermissen musste, “Maßstab einblenden” bedeutet in der deutschen Übersetzung anders als man annehmen könnte nicht das Ein- oder Ausblenden des daneben befindlichen Maßstabs sondern, die Möglichkeit, Distanzen zu messen. Nachdem man die Option eingeschaltet hat, erscheint bei Klick irgendwo in der Map ein kleiner Kreis und bei weiteren Klicks wird die Luftlinie zwischen den Punkten gezeichnet und die einzelnen Entfernungen eingeblendet.

Ähnlich wie Google hat auch here leider Probleme mit dem Scrollen auf Touchpad und Mausrad. Diese fallen allerdings nicht ganz so gravierend aus. Ansonsten funktioniert die Benutzung der Seite entspannt und so performant aus, wie man es erwarten kann. Auch das Verhalten auf den drei Browsern Firefox, Safari und Chrome ist identisch. Nur bei Chrome unter OSX gab es einmal einen nicht reproduzierbaren Hänger.

Absolutes Highlight der mobilen Version ist die Turn-by-turn-Navigation inklusive (englischer) Sprachausgabe. Diese ist allerdings nur für Fußgänger verfügbar. Allerdings haben die Nokia-Entwickler darauf verzichtet, die Position alle paar Sekunden zu pollen und keine weiteren Berechnungen damit anzustellen. So kommt es selbst bei guten Empfangsbedingungen zu sehr sprunghaften Ortungen. Der Sprecher kommt so nicht umhin einem in kurzen Abständen zu sagen, dass man drehen, rechts oder links gehen soll.

Derzeit verwendet gibt es noch keinen https-Zugang zu here. Das mag vielleicht daran liegen, dass die Domain über einen sehr obskuren DNS-Provider registriert ist. Ein Zustand der dringend behoben werden sollte. Denn unter den gegeben Umständen dürfte Nokia keine Freigabe für die Benutzung von irgendeiner Behörde bekommen.

Eigentlich gibt es darüber hinaus auch die öffentlichen Verkehrsmittel, diese bisher jedoch nur in wenigen deutschen Städten wie München oder Berlin.

here: München mit eingeblendeten Restaurant-Hotspots und aktuelle Trafficinformationen.

Die Daten

Die Datenbasis bezüglich Strassenvektoren und Verkehr inklusive aktueller Verkehrssituation sind bei Nokia traditionell gut. In der Web-App haben die Verkehrsdaten jedoch eine Latenz von mehr als einer Stunde. Staus, die sich längst aufgelöst haben sind noch sichtbar. Ein Manko, das im Alltagsbetrieb zu erheblichem Ärger führen dürfte.

Gut sind auf jeden Fall die vorgeschlagenen Routen und das Verhalten, wenn man von einer Route abweicht und diese neu berechnen lässt. Bei der Real-Life-Ansicht in Form von Satellit und 3D hängt die Qualität erheblich von dem betrachteten Ort ab. Alle Versuche, in der Pampa einen Ort zu finden, wo man ein einzelnes Haus statt nur grünem Rauschen sehen kann, sind bisher gescheitert. An manchen Stellen ist selbst Apples iOS-Maps besser.

Einen echten Mehrwert für den Nomaden in der Fremde ist leider in der mobilen Version nicht verfügbar: die Heatmap. Schaltet man unter Funktionen zum Beispiel Restaurants ein wird ein Wärmebild über die Karte gelegt. Daran kann man sehen, wo die Hotspots in einer Stadt sind. Das ist vielleicht für die Hotelsuche auf dem Desktop noch sinnvoll, aber eigentlich fehlt es wirklich schmerzlich in der mobilen Version.

Wirklich überrascht kann man von der Suche sein. Hier scheiterte Nokia bisher immer. Bisher konnte die Engine z.B. nicht mit Schreibfehlern umgehen. Das funktioniert inzwischen. Auch gab es bisher keine Bereitschaft der Engine kontextbezogen zu suchen. Hatte man sich nach München navigiert, brachte eine Suche einem Café immer alle möglichen Ergebnisse von überall. Auch die Vorschläge während man noch tippt können inzwischen Schreibweise korrigieren und liefern kontextuelle Ergebnisse.

Hintergrund

Obwohl beide Versionen (Desktop und Mobile) sehr ähnlich aussehen, verwenden sie doch eine vollkommen unterschiedliche Code-Basis. Dies führt zum Beispiel zu der Einschränkung bei den Layern. Problematischer ist jedoch die Tatsache, dass bei Versionen ein unterschiedliches URL-Handling verwenden. Wenn man einen Link vom Desktop auf ein iPhone schickt, kann die Web-Version diese URL und damit die Geo-Daten darin nicht interpretieren.

Laut internen Quellen bei Nokia sollen beide Versionen im nächsten Schritt den gleichen Code verwenden. Dann wird es wohl endlich auch eine aktuelle Version der Embedded Map für die eigene Site geben.

Fazit

Nach all dem Hin und Her mit Nokia Maps und Ovi ist “here” eine Überraschung. Nokia hatte in den letzten zehn Jahren mit gate5, Navtec und vielen anderen Firmen einen riesigen Haufen Know How eingekauft. Diese Expertise hatte sich bisher nirgendwo niedergeschlagen. Bis auf coole Demos in Barcelona schafften es die Finnen nicht, irgend etwas Vernünftiges auf die Strasse zu bekommen. Nach dem Apple Map-Fail bekommt Google jetzt endlich echte Konkurrenz. Allerdings ist momentan nicht sichtbar, wie sie mit diesem Pfund jetzt wuchern wollen. Ohne großzügige Angebote an Entwickler und eine aktuelle POI-Datenbank dürfte “here” schnell zu einem “where?” werden. Leider hat Yelp ihnen grade qype vor der Nase weggekauft.

Interessant wird auch die Frage, wie sich here.net in einer Web-View-Variante auf iOS schlagen wird. Denn derzeit bremst Apple die JavaScript-Engine in nativen Apps noch aus. Ein Teil der Performance wird dann durch den nativen Code aufgefangen werden müssen. Es ist fraglich, ob Nokia die notwendige Kompetenz im Haus hat.

 


Written by qrios

November 15th, 2012 at 11:28 am

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2 Responses to 'Nokia “here” angetestet'

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  1. die scheinen ja das gleiche kartenmaterial zu verwenden wir apple – gleiche wolken und schatten – tststs

    Carsten

    3 Dec 12 at 11:18 am

  2. [...] bleibt auch in Zukunft Windows Phone, Weder Android noch iOS benötigen eine konkurrierende (und noch schlechtere) [...]

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