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Ilse Aigners Radiergummi fällt bei den Postprivatiers durch

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Leider bisher nur im Selbstbau …

Ilse Aigner hat es nicht leicht mit den Netzvordenkern. Immer wenn sie sich digitalen Themen widmet wird sie mit Hohn und Spott überschüttet. Wenn sie jetzt einen digitalen Radiergummi vorstellt, machen sich natürlich alle lustig. Unabhängig davon, dass solche Reaktionen immer sehr stark nach Beißreflex schmecken, haben sie im besten Falle einen ideologischen Überbau: Postprivacy. Sehr verkürzt dargestellt, wird argumentiert ein Schutz der Privatsphäre sei in der digitalen Welt nicht mehr möglich, da die Daten immer einen Weg finden werden, sich zu vermehren. Wir müssten mit diesem Kontrollverlust leben.

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Written by qrios

January 6th, 2011 at 1:26 pm

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privacy – habt euch nicht so, oder wie?

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Mitten im Netz tun sich tiefe Gräben auf. Auf der einen Seite steht der CCC mit Frank Rieger und Constanze Kurz und auf der anderen Seite Blogger wie mspro und holadiho. Ihr Schlachtfeld ist die FAZ. Gekämpft wird um die Hoheit über den Datenluftraum.

Es sah nach dem letzten Buch (Payback) vom Mitherausgeber der FAZ Frank Schirrmacher noch so aus, als ob die Fronten deutlich zwischen Offline und Online verlaufen müssten. Nun wird deutlich, dass dieser Diskurs auch die Netzgemeinde spaltet. Die grundsätzliche Frage steht im Raum: Sind unsere Daten ein schützenswertes Gut?

Die Position des CCC ist in dieser Frage eindeutig: die Hoheit über die Daten muss in jedem Fall der Verursacher haben. Staat und Wirtschaft sollten darauf nur mit expliziter Genehmigung und nur für eindeutige Zwecke Zugriff haben. Der CCC-Standpunkt hat sich über die Jahrzehnte seines Bestehens nicht verändert.

mspro: Die Daten sind nicht schützbar, wir sollten das akzeptieren.

Die Position von mspro ist (wie immer) radikal: ein umfassender Schutz ist nicht möglich und das ist auch gut so. Jedes Datum wird früher oder später mit anderen Daten verknüpft werden. Und wir haben keine Ahnung welche Methoden in Zukunft verwendet werden können jede vorhandene Information aus einem Datum zu extrahieren. Wir sollten uns damit abfinden und die dadurch stattfindende Änderung der Gesellschaft aktiv betreiben. (Er sagt das etwas verschwurbelter, aber das ist glaube ich der Kern. Und prompt watscht ihn Donald von Soundso mit dem Hinweis ab, dass es einen Unterschied zwischen Tonscherben in einem verschütteten Herd und Tonscherben in einer verschütteten Müllgrube gäbe – oder so.)

holadiho: So viel findet man in den Daten gar nicht.

Eine etwas andere Richtung schlägt Stefan Noller in seinem Blog beimnoller ein. Und es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn er die Algorithmen entmystifizieren will, die für die ‘Anreicherung’ von Daten verwendet werden. Denn sein job ist es, Kunden davon zu überzeugen, dass mittels dieser Algorithmen eine höhere Wertschöpfung (‘Conversion’) mit Online-Werbung erzielt werden kann. Er ist immerhin Chef einer Firma, die als eine der erfolgreichsten im Bereich Behavioral Targeting gilt. Dafür fängt er sich postwendend eine Watsche von Hal Faber ein.
Ihre Standpunkte unterscheiden sich wesentlich bei der Frage, welch Zauberwerk Algorithmen verbringen können.

Um es ganz klar zu sagen, mspro hat recht. Denn jede Information, die in einem Datensatz vorhanden ist, kann extrahiert werden. Letztlich ist es nur eine Frage, der eingesetzten Energie. Da die Energiekosten pro Transaktion permanent sinken, werden in Zukunft Transformationen wirtschaftlich sinnvoll sein, die es momentan nicht sind (siehe).

Ich muss holadiho zustimmen, dass viele Nerds bei ihrer Argumentation ein eher mechanistisches Weltbild an den Tag legen. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir bald Software für die Analyse von Daten verwenden werden, die sich nicht oder nicht nur auf statistische Algorithmen stützen sondern die auf selbstorganisierenden Systemen basiert. Ob ein Gesichtserkennungssystem mit einem Bild von mir trainiert wird, oder mit meinen Bewegungsmustern im Netz ist vollkommen egal. Es wird mich mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen, wenn ich wieder auf der Site bin.

Die Situation ist vergleichbar mit den Ölsanden. Es gibt sie schon lange, aber erst seit kurzem lohnt es sich, sie auch zu fördern und in den Rohstoff umzuwandeln, den die chemische Industrie für Tupper-Dosen benötigt.

Zwei kleine Einschränkungen bezüglich der Möglichkeiten der Informationsgewinnung aus Daten gibt es allerdings. Erstens altern Daten. D.h. Daten die das Verhalten einer Person vor einem Jahr beschreiben sind hochwertiger als entsprechende Daten von vor zehn Jahren. Diese Tatsache lässt sich in Modellen berücksichtigen.

Zweitens bewirkt jede Transformation mit gleichzeitigem Transport von Daten einen Datenverlust. Konkret: wenn ich die Daten aus einem System mit Daten in einem anderen System verknüpfen will, werde ich dies nur tun können, wenn ich eine gewisse Unschärfe hinnehme. Dieser kann darin bestehen, dass die Schemata der beiden Datensätze nicht vollkommen transformierbar sind oder dass es für manche Datensätze keine Referenz gibt. Die Anreicherung von Daten durch Verknüpfung verschiedener Datenquellen führt also nicht nur zu einer höhern Qualität der Daten sondern gleichzeitg zu einem Verwischungseffekt.

Letztendlich bleibt aber die Tatsache, dass sich Daten durch immer leistungsfähigere Maschinen und größere Datenspeicher in Zukunft reproduzieren und die enthaltenen Informationen immer leichter extrahieren lassen. In der Gesellschaft in der wir heute leben hat das Bewustsein darüber einen einfachen Effekt: eine Person, die sich dieser Tatsache bewusst ist, wird sich anders verhalten als eine Person, der dies nicht bewusst ist. Der offene Diskurs im Netz kann unter diesen Umständen schon heute nicht mehr so offen sein. Und wenn in Zukunft immer öfter im realen Leben Aufzeichnungen selbst von privaten Zusammenkünften gemacht werden (z.B. mittels Videobrillen) muss sich auch dort das Verhalten ändern.

Natürlich wird es Menschen geben, die sich – wie mspro es fordert – dem Kontrollverlust hingeben. Es würde mich jedoch wundern, wenn dies eine größere Gruppe wäre. Und ich vermute sogar, dass mir die Handlungen der Mehrheit dieser Gruppe ganz und gar nicht gefallen wird (Stichwort Rape-Videos).

Written by qrios

February 21st, 2010 at 3:20 pm

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