adobe vs. apple *popcornhol*
Disclaimer: Ich habe ein gehacktes iPhone. Eher aus Nostalgie als aus Notwendigkeit. Ebenso hätte ich eine gehackte PS3, wenn ich eine PS3 hätte. Und ich habe mit clicktoflash auch einen gehackten Browser. Ich würde aber nie auf die Idee kommen, dass die Nutzungsbedingungen irgendeines Herstellers oder gar einer Site mich an der Nutzung eines Gerätes in meinem Sinne hindern könnten.
Tim Pritlove (ein ausgewiesener Gegner von Flash) hat zu dem Thema “Adobe vs. Apple’ (formally known as friends) einen schönen Post von Lee Brimelow entdeckt und tweetet:
Adobe is pissed: http://bit.ly/chw8Oc Popcorn!
Der Artikel hat es in sich. Es geht nicht wieder – wir erinnern uns – um die grundsätzliche Frage, wie abgrundtief schlecht es sei, dass Apple Flash auf iPhone, iPod Touch und iPad nicht zulässt. Immerhin ist Flash heutzutage die beherrschende Technologie im Web:
Von den hier gezeigten acht Sites kenne ich drei dem Namen nach (nein, ich wusste wirklich nicht, dass Google eine Finanzseite hat, auch wenn ich es mir hätte denken können). Alle drei habe ich nie benutzt oder zumindest nie so gesehen: CNN, hulu und [black screen]. Insbesondere letzte Site ist jedoch die spannendste von den dreien. Nicht, ob des Inhalts, sondern ob der Tatsache, dass sich der Autor von seinem Arbeitgeber Adobe gezwungen sah, den Screenshot zu schwärzen. Es handelte sich um eine der bekannteren Pornosites: Bang Bros.
Der Eindruck der hier vermittelt werden sollte ist klar: Flash ist inzwischen ein Standard. Die logische Folgerung muss zwangsläufig sein, dass User, die diese Technik nicht nutzen können bevormundet werden. Die Netzneutralität ist gefährdet!
Dass dies allerdings kein wirksames Argument ist – zumindest solange Adobe Flash nicht freigibt – scheint ihm inzwischen klar zu sein. Er braucht wirksamere Argumente.
“Apple schlägt Entwicklern ins Gesicht” ist der Artikel überschrieben.
Allein, er bleibt die Begründung schuldig, wie und womit Apple das tut. Es ist doch vollkommen klar, dass Apple nicht möchte, dass mit einem anderen SDK als dem ihren Apps geschrieben werden. Der erste Grund für Apple dürfte das UI sein. Der nächste Grund dürften die Probleme sein, die dadurch entstehen, dass die Appstore-Zwerge bei Code aus fremden Compilern mehr Aufwand haben dürften, die Programme auf Systemprobleme (wenn sie das denn überhaupt tun) zu checken.
Der entscheidende Grund ist aber sicher die Befürchtung, dass sich ein eigenes Eco-System entwickelt und der Appstore nur noch der Hub ist. Mit allen Kosten aber ohne jedwede Einnahmen.
Adobe hat es über Jahre verschlafen die eigene Entwicklerbasis auf einen langen und beschwerlichen Weg zu schicken. Etwas, was Apple geschafft hat. Über mehrere Schritte. Von OS9 zu OS10, von Carbon zu Cocoa, vom PowerPC zu Intel.
Hätte Adobe die Akquisition GoLive im gleichen Maße weiterentwickelt wie Flash und beides im Laufe der Zeit zusammengeführt, gäbe es heute ein Werkzeug mit dem man echte Rich Media Applications entwickeln könnte. So steht Adobe heute mit leeren Händen da.
Viel schlimmer ist jedoch, dass auch die loyalen Nutzer von Adobe mit leeren Händen dastehen. In den Checklisten ihrer Kunden steht heute nicht nur Win oder Mac sondern insbesondere bei den Marken steht dort auch iPhone/iPad. Und es sind eben die Marken oder die, die meinen Marken zu sein oder werden wollen, die auf eine besonders emotionale Darstellung gesteigerten Wert legen.
Adobe hat die Entwickler in die Irre geführt. Jetzt auf Apple zu zeigen, klingt nach “haltet den Dieb”. Adobe hat lange Zeit auf Zeit gespielt. In der Hoffnung, dass sich HTML nicht weiterentwickelt und die Ansprüche der Surfer schneller wachsen als die Fähigkeiten der Browser. Eine Hoffnung auf Kosten der eigenen Kunden. Als Flash-Entwickler hätte ich den Eindruck, dass mir Adobe ins Gesicht schlägt. Immer und immer wieder.
Wenn Brimelow in seinem Artikel zu einem Apple-Boykott aufruft (was er ausdrücklich abstreitet), dann klingt das in meinen Ohren wie Hohn: Liebe Kunden, ihr müsst jetzt alle zusammen aufstehen und gegen das Böse in der Welt kämpfen. Nur zusammen werden wir erfolgreich sein! Andernfalls werden wir alle störben.
(Aber wenigstens beteuert er uns Nicht-Flash-und-trotzdem-Photoshop-auf-dem-Mac-Nutzern, dass Adobe nie und nimmer (“Adobe would never consider in a million years”) die Creative Suite für Mac einstellen würde. Was bin ich froh!)
Hast Du gesehen, dass die Kommentare in dem Artikel abgeschaltet sind: “Comments disabled as I’m not interested in hearing from the Cupertino Comment SPAM bots.” Und auch bei dem ins gleiche Horn stossenden Artikel http://www.thoughtmechanics.com/the-apple-vs-adobe-thing-just-got-a-bit-more-serious/?utm_source=feed&utm_medium=twitter ist eine Diskussion unerwünscht.
Die armen Flasher können einem eigentlich nur noch leid tun. Da sind sie die hippsten Interaction-Designer und jeder würde ihnen das bestätigen. Und trotzdem will sie keiner mehr und sie scheinen nicht in der Lage zu sein, umzusatteln.
macs
10 Apr 10 at 12:57 pm
Apple pisst ja nicht nur Adobe an. Mit den neuen Bestimmungen zum SDK wird auch die neue Wired-App hinfällig. Und das finde ich schon echt strange. Ich bin mir sicher, dass das nur eine von sehr sehr vielen Apps war, die in letzter Zeit mit der Beta von CS5 entwickelt wurden. Das können die jetzt alle wegschmeissen. Und sicher werden jetzt etliche Entwickler und Agenturen von den Auftraggebern Ärger bekommen.
http://mediamemo.allthingsd.com/20100408/did-apple-just-kick-adobe-and-wired-magazine-in-the-teeth/?reflink=ATD_yahoo_ticker
beta
11 Apr 10 at 10:52 am
Mir ist schleierhaft, wo der ganze Hass auf Flash herkommt. Ich wette dass die ganzen Hilfsprogrammierer einfach sauer sind, wenn die ganzen coolen Sachen von anderen gemacht werden. Mit Java und HTML und CSS kann man einfach nur Schrott produzieren. Und die meisten User wollen im Web einfach keinen Schrott sehen, sondern Spielen und Videos sehen. Und das könnt ihr einfach nicht.
Apple schiesst sich damit ins Knie. Adobe müsste ja nur die Entwicklung für den Mac einstellen. Ich möchte mal sehen, wie sich die Zahlen von denen dann ganz schnell entwickeln. Schon an der Börse würden plötzlich die ganzen Gelder von AAPL zu ADBE wandern.
cvscvs
11 Apr 10 at 10:58 am
Ich kann natürlich nur für mich sprechen und nicht für andere Webentwickler. Meine Ablehnung kommt aus meiner Erfahrung mit Flash. Immer wenn ich mich für den Einsatz von Flash entschieden habe, habe ich mir hinterher Probleme eingehandelt, die ich eigentlich nicht haben wollte. Das fing mit dem Drucken auf unterschiedlichen Systemen an, das ging bei SEO weiter und hörte nicht auf bei direkten Einsprung-URLs.
Der entscheidende Nachteil ist für mich aber gleichzeitig der wesentliche Grund, warum sich HTML so ausgezeichnet entwickelt hat: das Klauen von Ideen und Kopieren von Lösungen. Dadurch, dass ich als Webentwickler gut funktionierende Lösungen finden und die Umsetzung adaptieren kann haben sich UI-Pattern entwickelt. Danach haben sich Frameworks entwickelt. Die kann ich einfach einbauen.
qrios
11 Apr 10 at 11:41 am
Es wird doch langsam lächerlich. Klar ist Adobe die Pest mit ihrer Strategie Flash nicht freizugeben. Die fällt ihnen nun langsam auf die Füße. Und das ist gut so. Dennoch ist das Internet eben voll von Flash.
Nur: Apple ist mindestens genauso Pest. Nehmen wir einfach nur eines von der (reizenden) Apple Themen: das iPhone.
Die Lizenzbedingungen für iPhone Entwickler sind gelinde gesagt knebelnd gewesen und werden immer unfreundlicher. Das iPhone-OS ist kein offenes System. Ohne den von Apple als illegal eingestuften Jailbreak ist man auch nur einer der vielen dämlich lächelnden Poser aus München-Schwabing oder Berlin-Mitte.
Der implizite Product-Lifecycle von iPhones beträgt max. zwei Jahre. Zuerst wurden MMS nur für mindestens 3G iPhones freigeschaltet, obgleich es technisch völlig unproblematisch auch mit dem 2G iPhone geht und nun wird Apples sogenanntes Multitasking in iPhone OS 4.0 nur für mindestens die 3GS iPhone Reihe freigeschaltet, auch wenn auch hier klar ist, dass das auch mit allen anderen iPhones locker geht.
Und dass Apple nun sagt, sie integrieren Flash nicht, weil’s zu vielen Abstürze verursacht und außerdem HTML 5 in den Startlöchern steht, da kann man echt nur noch lachen, denn: ein iPhone kaufe ich HEUTE, um damit HEUTE ins Internet gehen zu können und nicht erst in 4 Jahren, wenn HTML 5 dann (wirklich/vielleicht) Flash abgelöst hat und wenn es dann aber eh keine vollständigen Updates mehr für die iPhones gibt.
Insofern: von mir aus können Adobe und Apple sich gegenseitig zerstören. Tränen werden mir da keine kommen.
subverser reverser
12 Apr 10 at 7:40 pm
Das Thema ist echt merkwürdig. Eigentlich ist es ja die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich wünschte mir sehr, dass Flash stirbt und ebenso wünschte ich mir, dass Apple mit seine *n*lfixierten Politik Schiffbruch erleiden würde.
ABER:
Beide Dinge sind direkt miteinander verbunden: damit Flash stirbt braucht es jemanden, der die Power hat, dies durchzusetzen. Und es ist schon merkwürdig, dass die ganzen Publisher Trillionen Euros ausgeben um ihre Angebote einigen wenigen iPhones (es ging doch nie um inode,WAP, oder was auch immer) bereitzustellen. Das kostet nicht nur einmaliges Design und HTML sondern monatliche Kosten (siehe netbizquits). Aber erst, wenn ein Gerät auf den Markt kommt, das eigentlich die Seiten in normaler Auflösung darstellen könnte, aber eben kein Flash kann, wachen plötzlich alle Publisher auf und sagen: HTML5 ist die Zukunft, Flash war eh doof.
Warum haben denn so viele Leute mit dem FF Ad-Blocker und warum haben so viele Leute mit Safari clicktoflash? Sie möchten entscheiden können, wann es blinkt und tönt. Und sie möchten auch entscheiden können, wann Cookies respektive Shared Objects gespeichert werden.
Als jemand, der grade 10 Tage lang versucht hat sein 2G durch ein G2 zu ersetzen muss ich sagen, dass ein Gerät, das ein halbes Jahr alt ist, es nicht geschafft hat ein Gerät zu ersetzen, das fast drei Jahre alt ist. Ein OS, das 6 Monate alt ist, hat es nicht geschafft ein OS zu ersetzen, das ein Jahr alt ist. Es hat noch nicht einmal ein Kopfhörer der schwarz ist geschafft, den weissen iPhone-Kopfhörer zu ersetzen.
Ich hätte gerne einen Kompass (was selbst in Google Maps nicht angeboten wird), ich hätte gerne GPS (was offline selbst nach 5 Minuten nicht funktioniert), ich hätte gerne Tethering (was aus dem Android-Sore entfernt wurde). Auf all das verzichte ich zugunsten einer vernünftigen Synchronisierung, zugunsten eines Kopfhörers, der mir nach zwei Stunden Telefonat keine Ohrenschmerzen bereitet und nicht scheppert und – vor allem – einer einfachen Telefonbedienung. Das letzte übrigens, was ich von einem Telefon erwarten würde, wäre Flash.
Lifecycle? Wie kann es denn sein, dass ich ein nagelneues Gerät von HTC bekomme und da noch die Android-Version 1.5 drauf ist? Es gibt weder von HTC noch von der Telekom eine Aussage darüber, ob und – vor allem – wann es ein Update geben könnte. In Austria soll es wohl am 24.4. rauskommen. Aber ich wette einen Kasten Bier und ein halbes Schwein, dass es für das G2 von T-Mobile kein Android 2.1 geben wird. Ernsthaft!
Für mein iPhone aus den Staaten vom Juli 2007 bekomme ich noch das 3.2. Für ein dann 3 Jahre altes Handy habe ich dann irgendwas um die fünf neue Releases bekommen. Drei davon mit signifikanten Funktionserweiterungen.
Ich habe jetzt seit zwei Jahren ein N95 8G. Ich habe es bisher nicht ein einziges Mal geschafft, dafür ein Update zu bekommen. Denn jedes Mal, wenn ich davon erfahren habe, war das in irgendwelchen Foren. Und dann habe ich gelesen, wie man das machen muss und ich hab immer Schweissperlen auf der Stirn bekommen und hab es lieber gelassen.
Solange kein anderer Anbieter auch nur annähernd in die Nähe vom iPhone kommt kann Apple sich solche restriktiven Bedingungen leisten. Und so sehr ich diese Bedingungen hasse muss ich doch sagen: bitte, bitte, lass Apple weiterhin genug Geld verdienen, damit andere ihnen nacheifern und irgendwann besser werden.
Und ganz ehrlich Adobe ist derzeit nicht auf dem Schirm derer, die besser werden sollen. Da sind Nokia, Android, Microsoft und so weiter.
qrios
12 Apr 10 at 9:09 pm
[...] dem vorhergesagten Ende von Flash auf mobilen Geräten und dem damit ebenso vorhergesagten Ende von Flash auf den meisten anderen Geräten hat die [...]
Die neuen Leiden der alten Content-Industrie at qrios
23 Nov 11 at 4:12 pm